Im Einklang mit Buddha

Es war einmal ein berühmter Chinesischer Maler und Kalligraf, der eine
Leidenschaft für das Malen von Pferden hatte. Eines Tages hatte er die
Idee, ein Bild zu malen mit Pferden in 108 verschiedenen Positionen. Er
beobachtete die Tiere aufmerksam, die einzige Position, die er noch nie
gemalt hatte, war ein Pferd, das sich auf dem Rücken wälzt und alle
Viere von sich streckt. Er versuchte tagelang, sich dieses Bild genau
vorzustellen. Eines Tages machte er nach dem Mittagessen ein
Nickerchen. Als seine Frau ins Schlafzimmer kam, traute sie ihren
Augen nicht und stieß vor Schreck einen Schrei aus. Sie sah auf dem
Bett ein Pferd liegen, alle Viere von sich gestreckt. Durch den Schrei
wachte der Maler auf und fragte, was los sei. Das Bild des Pferdes war
verschwunden und alles schien wieder ganz normal. Die Frau berichtete
ihm, was sie gesehen hatte.

Was wie ein Märchen klingt, ist eine wahre Begebenheit. Der Maler
hieß Zhao Zi Ang auch genannt Zhao Meng Fu (1254-1322). Er war
auch Buddhist und hat nach diesem Erlebnis erkannt, dass er, wenn er
sich so intensiv mit Pferden beschäftigt, mit der Pferdewelt resoniert
und zum Pferd wird, insbesondere ist es wahrscheinlich, dass er im
nächsten Leben als Pferd wiedergeboren wird. Er beschloss von da ab,
keine Pferde mehr zu malen, sondern Buddhas und Bodhisattvas um mit
der Welt eines Buddha zu resonieren.

Dieses Thema der Resonanz ist für uns Praktizierende ein sehr
wichtiges Thema. In den Sutren lehrt Buddha, dass der Geist unsere
Welt kreiert, es gibt nichts außerhalb des Geistes. Man kann sich das so
vorstellen, unsere Gedanken sind wie eine Art Wellenlänge, die durch
unsere Worte und Handlungen noch verstärkt wird. Dadurch wird eine
individuelle Welt geschaffen, die wir für wahr erachten. Beispielsweise,
zwei Menschen gehen in einem Wald spazieren, der eine davon liebt
Hunde, der andere hat Angst vor Hunden. Sie begegnen jetzt einem
wilden Hund. Welcher von ihnen wird gebissen? Ich denke, intuitiv würden die meisten Menschen sagen, dass der, der Angst hat,
wahrscheinlicher gebissen wird. Es könnte sogar sein, dass der Hund
den der Angst hat beißt und dem anderen schwanzwedelnd begegnet. So
werden beide in ihrer Welt bestätigt. Der der Angst hat sagt dann:
„Siehst Du, ich habe Dir gesagt, dass Hunde gemeingefährlich sind!“,
der andere sagt: “Siehst Du, dass Hunde niedliche Wesen sind!“ und
jeder hat Recht.

Wir alle wünschen uns, dass wir jetzt und in der Zukunft glücklich sein
mögen, dass die Dinge fließen, aber häufig kreieren wir genau das
Gegenteil, weil wir nicht auf dieser Wellenlänge sind.

Wenn wir viel Begierde in unserem Geist haben und diese ausleben,
wenn wir nicht loslassen können, wenn wir nicht teilen können dann
resonieren wir entweder mit einem Leben in Mangel oder sogar der
Welt der Hungergeister. Wenn wir unserer Lust ständig freien Lauf
lassen, resonieren wir mit der Tierwelt. Wenn wir Alkohol und Drogen
zu uns nehmen, korrespondieren wir mit mentalen Zuständen der
Verwirrung, und es kann sein, dass wir im nächsten Leben psychische
Probleme bekommen. Wenn wir uns ständig durch soziale Medien oder
Filme ablenken, korrespondieren wir mit einem zerstreuten Geist und
einer chaotischen Umgebung. Das ist alles sehr subtil und wir brauchen
gute Achtsamkeit, um uns genau zu beobachten und dann Disziplin, um
uns in Einklang mit dem „Klaren“ und „Reinen“ zu bringen.

Über unsere bewussten Handlungen können wir auch umgekehrt
unseren Geist positiv beeinflussen. Wir hatten einmal einen jungen
Mann mit psychischen Problemen, der zu uns ins Kloster kam. Sein
Äußeres war sehr ungepflegt, er trug schmuddelige weiße Kleidung,
deine Haare waren ungepflegt und seine Hygiene schreckte die
Nebensitzer geradezu ab. Nachdem er Vertrauen zu uns gefasst hatte,
erklärten wir ihm, dass es für die Praxis wichtig sei, ein gepflegtes
Aussehen zu haben, damit der Geist in Harmonie mit dem Dharma sein
kann. Wir besorgten ihm frische Kleidung, er duschte sich, ging zum
Friseur und wurde ein ganz anderer Mensch mit einer positiveren und klareren Ausstrahlung. Das heißt natürlich nicht, dass er gesund war,
aber das war ein deutlicher Schritt in Richtung Klarheit.

Buddha lehrt die Praxis der Ethik (Sila), die auch dazu beiträgt, einen
reinen Lebenswandel zu führen. Besonders das Vinaya der Mönche und
Nonnen ermöglicht einen sehr reinen Lebenswandel.

Das Dharma ist rein, voller Weisheit und Mitgefühl und wir wünschen
uns, dass wir in unserer Praxis Fortschritte machen. Dazu ist es sehr
wichtig, dass wir uns in Einklang mit diesem Dharma bringen und
ermöglichen, dass unser Geist und unser gesamtes Wesen davon
„parfümiert“ wird. Das bedeutet, so wie wenn man Räuchertofu in
einen Räucherschrank legt, nimmt er langsam den Geschmack von
Rauch an. Dieser Prozess dauert seine Zeit und kann nicht beschleunigt
werden. So setzen wir uns der Dharmapraxis aus, und parfümieren uns.
Dabei ist es äußerst wichtig, dem korrekten Dharma zu folgen,
authentischen Lehrern, die das korrekte Dharma lehren, denn sonst
nehmen wir falsche Ansichten an. Leider gibt es in der derzeitigen Welt
eine Flut von Dharma und PseudoDharma Material in der Digitalen
Welt und da braucht man Klarheit, um das Richtige herauszufiltern.

Im Canki Sutta (MN95) listet Buddha einige Punkte auf, die uns helfen,
mit der Wahrheit des Dharma in Einklang zu kommen. Als erstes steht
Vertrauen, Vertrauen darin, dass Buddha die vollkommene Erleuchtung
erlangt hat und vollkommenen Weisheit hat. Auch wenn wir von dem,
was Buddha lehrt noch nicht alles nachvollziehen können, können wir
zunächst Vertrauen entwickeln, dass das, was Buddha sagt, stimmt. Der
zweite Punkt ist dann, einen Lehrer aufzusuchen, denn das Dharma
kann nicht autodidaktisch erlernt werden. Wir haben einen verblendeten
Geist und ohne Lehrer machen wir häufig falsche Interpretationen im
Sinne dessen, was uns passt. Das sehen wir heute leider auch sehr
häufig. Der dritte Punkt ist dann, Respekt zu erweisen. Respekt öffnet
unseren Geist für das Dharma. Respekt gegenüber den drei Juwelen
(Buddha , Dharma und Sangha), Respekt ist das Gegenmittel gegen
unseren Stolz und unsere Anhaftung an unsere eigenen Meinungen. Nur ein demütiger Geist kann mit dem Dharma resonieren. Die folgenden
Punkte sind dann, das Dharma anhören, sich die Lehren zu merken und
über die Bedeutung der Lehren zu kontemplieren. Je mehr wir uns im
Alltag mit dem Dharma beschäftigen, umso mehr können in Einklang
kommen. Als ich in Taiwan im buddhistischen Institut war, wo es kein
Internet gab, war das Programm dort sehr straff. Von morgens 4:00 bis
abends 22:00 waren wir den ganzen Tag intensiv mit Meditation, Lehre,
und der Reflektion über die Lehre beschäftigt. Wir hatten keine Zeit,
uns mit weltlichen Dingen zu beschäftigen, keine Zeit zum Plaudern,
die kurzen Lehrlaufzeiten nutzten wir, um Sutren auswendig zu lernen.
Mein anfänglicher Widerstand wich der Erkenntnis, dass durch diese
intensive Beschäftigung tiefere Einsichten möglich wurden. Die
täglichen Hausaufgaben bestanden darin das Dharma auf den
Klosteralltag und den eigenen Geist anzuwenden und Selbstreflektion
zu betreiben. So war das eine sehr intensive Zeit, in der ich mit dem
Dharma parfümiert wurde, viele wertvolle Erkenntnisse auftraten und
das Rüstzeug einer stabilen Praxis entwickeln konnte.

Der folgende Punkt, reflektives Annehmen ist auch wichtig. Ein Lehrer
oder Dharmafreund kann uns spiegeln und uns auf unsere
Unzulänglichkeiten oder fehlendes Verständnis aufmerksam machen.
Das sollten wir dann dankbar annehmen und über uns reflektieren
anstatt gleich in die Verteidigung zu gehen. Auch die Teile der Lehre,
die schwierig für uns sind, sollten wir erstmal annehmen.

Die weiteren Punkte des Sutras sind Eifer oder Anstrengung, das
bedeutet, die Praxis des Dharma in jedem Moment zur höchsten
Priorität des Lebens werden zu lassen und sich immer wieder in dieser
Richtung zu justieren. Das erfordert eine gewisse Selbstdisziplin, denn
der Geist lässt sich nur zu gerne ablenken, durch soziale Medien, Filme,
Gespräche, Konsum, um nur einige zu nennen.

Wenn man diese ganzen Punkte befolgt, dann kann man schließlich den
letzten Punkt erreichen, das endgültige Erlangen der Wahrheit. Dann
sind wir vollkommen im Einklang mit dem Dharma.

In Sutra heißt es, der Geist der fühlenden Wesen ist grob im Groben, der
der erleuchteten Bodhisattvas ist subtil im Groben und der der Buddhas
ist subtil im Subtilen. Wenn wir also im Einklang mit Buddha oder
Bodhisattvas sein möchten, muss unser Geist immer subtiler werden.
Dazu lassen wir unseren Lebenswandel immer reiner werden und
unseren Geist immer ruhiger, klarer und bewusster.

Wir müssen uns klar werden, was wir wollen, mit welcher Ebene wir
harmonieren wollen. Auf dem Dharmaweg, der aus dem Leiden heraus
zu absolutem Glück führt, gibt es zwei Hauptziele: das eine wäre die
Arhatschaft und das andere die Buddhaschaft. Um diese Ziele nicht aus
den Augen zu verlieren, machen wir täglich Gelöbnisse. Die dadurch
resultierende Kraft bringt uns bei Ablenkungen dann immer wieder auf
die Spur der Praxis und gibt uns Motivation. Sie führt auch in
zukünftigen Leben dazu, dass wir wieder mit dem Dharma in Kontakt
kommen.

Wenn wir motiviert sind, die Buddhaschaft zu erreichen, ist es wichtig,
zu verstehen, welcher Geist, damit in Einklang steht. Im Surangama
Sutra bespricht Buddha dieses Thema sehr ausführlich. Es gibt zwei
Arten von Geist, den denkenden Geist und den wahren Geist. Der wahre
Geist, oder auch das Absolute, absolute Bewusstheit, die Soheit
genannt, ist Buddha. Wir alle haben diesen reinen Geist, er ist immer
da, aber wir haben ihn „verloren“, da wir uns in unserem denkenden
Geist und unseren Anhaftungen aufhalten. Um in Einklang mit Buddha
zu kommen, müssen wir nach innen schauen, zurück kehren zu unserer
reinen Natur, das ist der Geist, der jetzt sieht, nur das Sehen, ohne
denken, bewerten, das reine Wahrnehmen. Dieser Geist ist von sich aus
rein. Wir praktizieren, um diesen reinen Geist wieder zu finden. Wenn
wir ihn für einen kurzen Augenblick erfahren haben, (was
beispielsweise in einer Retreatsituation geschehen kann), dann gilt es,
diesen Augenblick zu verlängern, dass wir immer in diesem Modus des
reinen Geistes verweilen können. Das ist die Methode der plötzlichen
Erleuchtung. Aber der graduellen Praxis der Sila, Paramita etc steht
nichts im Weg, genauer gesagt, sie ist nötig, um unsere Anhaftungen und Trübungen des Geistes (Klesas) vollkommen aufzulösen (es sei
denn jemand hat sehr scharfe Wurzeln der Weisheit, wie einige der alten
Meister, dann geht das auch direkt mit dem Beruhen auf dem reinen
Geist, aber solche Menschen gibt es kaum noch und wir sollten uns
selbst nicht mit ihnen gleichstellen).

Das bedeutet, in Ruhe, also der Meditation, keinen einzigen Gedanken
aufkommen zu lassen, denn der Geist ist von sich aus unbewegt (das ist
wirklich möglich und bedeutet nicht, Gedanken zu unterdrücken!) und
in Aktivität dann die reine Funktion des Geistes walten zu lassen, der
von sich aus absolut bewusst ist und nur heilsame Dinge tut. Der Geist
ist dabei absolut klar.

Wichtig ist bei dieser Praxis, dass wir uns selbst nichts vormachen. Nur
vom Reinen Geist zu reden, ohne dass wir ihn leben, bringt nichts.
Durch unser Verhalten und unseren Geist können wir uns mit viel
Übung in diesen Einklang bringen und es dann immer weiter vertiefen,
bis wir den ersten Meilenstein, Geburt und Tod zu überwinden,
schaffen.

Dharmapraxis ist die Übung, mit dem Geist eines Buddha in Einklang
zu kommen. Das ist der Weg der Freude, der Klarheit und des
Mitgefühls.